Pressemitteilung vom 03.07.2024
Das vom Rat für deutsche Rechtschreibung aktualisierte Amtliche Regelwerk mit dem neuen Amtlichen Wörterverzeichnis ist seit dem 01.07.2024 verbindlich für Schule und Verwaltung. „Die zuständigen staatlichen Stellen Deutschlands, Österreichs, der Schweiz, der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol, der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und des Fürstentums Liechtenstein haben den Vorschlägen des Rats zur Anpassung des Regelwerks bis Ende Juni 2024 zugestimmt und damit dessen Verbindlichkeit beschlossen“, teilte der Vorsitzende des Rats für deutsche Rechtschreibung, Dr. Josef Lange, heute mit: „Die Neufassungen sind auf der Webseite des Rats veröffentlicht: www.rechtschreibrat.com“. Die Umsetzung erfolgt mit Übergangsfristen, die von den staatlichen Stellen koordiniert werden.
Das Amtliche Regelwerk enthält die Regelungen der deutschen Rechtschreibung. Das neue Amtliche Wörterverzeichnis wurde auf der Basis empirischer Schreibbeobachtung im Orthografischen Kernkorpus erarbeitet, einer großen digitalen Textsammlung am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache mit mehr als 14 Mrd. Wortbelegen, die alle im Rat vertretenen Länder und Regionen abbildet. Es trägt den Zielgruppen des Werks – Wörterbuchredaktionen, Zeitungs- und Nachrichtenredaktionen, Gesetz- und Verordnungsgebung – sowie aktuellem Nutzungsverhalten Rechnung. Das Wörterverzeichnis konzentriert sich auf wesentliche orthografische Zweifelsfälle und ist insofern ergänzend zum Regelteil. Der Regelteil wurde punktuell an beobachtete Schreibentwicklungen angepasst.
Dazu einige Beispiele:
- Das Wörterverzeichnis wurde auf die wesentlichen orthografischen Zweifelsfälle konzentriert wie Getrennt- und Zusammenschreibung sowie Groß- und Kleinschreibung: z. B. nichtöffentlich / nicht-öffentlich / nicht öffentlich; regenerative/Regenerative Energien. Dabei wurde es umfassend aktualisiert: So wurden zahlreiche neue rechtschreibrelevante Fremdwörter überwiegend aus dem Englischen und anderen modernen Fremdsprachen aufgenommen, wie timen, mailen, liken, Cappuccino, Fake News / Fakenews / Fake-News.
- Im aktuellen Schreibgebrauch nicht oder kaum nachweisbare „eingedeutschte“ Varianten fremdsprachlicher Begriffe wurden gestrichen: z. B. Buklee, Dränage, Exposee, Frigidär, Jogurt, Katode, Kurtage, Panter, photogen, Polonäse, Spagetti, Tunfisch.
- Der Regelteil wurde dort angepasst, wo sich in der Zusammenschau von Schreibbeobachtung und Norm Optimierungsmöglichkeiten, z. B. im Rahmen von Vereinheitlichungen, gezeigt haben – etwa von neuen Wörtern in Getrennt- und Zusammenschreibung, Schreibung mit Bindestrich sowie Groß- und Kleinschreibung: z. B. Last-minute-Angebot/Last-Minute-Angebot, Out-of-the-box-Denken/Out-of-the-Box-Denken.
- Neue Schreibungen, die bislang nicht vom Amtlichen Regelwerk abgedeckt waren, wurden im Regelteil und/oder Wörterverzeichnis berücksichtigt: z. B. faken, fakte, gefakt/gefaked, aber nur: gefakte Nachrichten.
- Das Kapitel Zeichensetzung wurde auf der Basis sprachwissenschaftlicher und didaktischer Erkenntnisse vollständig neu systematisiert, vereinfacht und gestrafft. Dabei wurde eine Regeländerung vorgenommen: Infinitivgruppen („erweiterter Infinitiv mit zu“) werden verbindlich durch Komma abgetrennt.
- Zudem wird im Kapitel Zeichensetzung auf Sonderzeichen im Wortinneren eingegangen, die im Sinne geschlechtergerechter Schreibung alle Geschlechtsidentitäten kennzeichnen sollen (z. B. Doppelpunkt (:), Unterstrich (_), Asterisk (*)) und festgestellt: „Diese Wortbinnenzeichen gehören nicht zum Kernbestand der deutschen Orthografie.“ Die Folgeprobleme seien nicht ausreichend einschätzbar und die Entwicklung des Gesamtbereichs müsse weiter beobachtet werden. In der ebenfalls auf der Webseite des Rats veröffentlichten Erläuterung und Begründung vom 15.12.2023 heißt es dazu: „Sonderzeichen innerhalb von Wörtern beeinträchtigen die Verständlichkeit, die Lesbarkeit, die Vorlesbarkeit und die automatische Übersetzbarkeit sowie die Eindeutigkeit und Rechtssicherheit von Begriffen und Texten. Diese Sonderzeichen als Bedeutungssignale innerhalb von Wörtern können nicht in das Amtliche Regelwerk der deutschen Rechtschreibung aufgenommen werden, weil sie derzeit nicht wissenschaftlich eindeutig zu begründen sind. Andererseits kann der Rat nicht darüber hinwegsehen, dass Wortbinnenzeichen zur Kennzeichnung aller Geschlechter benutzt werden.“
Das neue Amtliche Regelwerk ist in dieser Fassung ein wissenschaftlich fundiertes, allgemeinverständliches Referenzwerk, das in allen Ländern und Regionen mit Deutsch als Amts- und Schulsprache gleichermaßen gilt. Es bildet die deutsche Standardsprache mit ihren länderspezifischen Ausprägungen in allen deutschsprachigen Ländern und Regionen ab und bringt dabei Norm und aktuellen Schreibgebrauch in Einklang. Damit trägt es dazu bei, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im gesamten deutschen Sprachraum zu gewährleisten.
Hintergrund: Der Rat für deutsche Rechtschreibung wurde im Jahr 2004 auf der Basis der Wiener Absichtserklärung zur Neuregelung der deutschen Rechtschreibung der Repräsentanten der deutschsprachigen Länder vom 01.07.1996 als Nachfolgegremium der Zwischenstaatlichen Kommission für deutsche Rechtschreibung gegründet. Er wird getragen von der Bundesrepublik Deutschland, der Republik Österreich, der Schweizerischen Eidgenossenschaft, der Autonomen Provinz Bozen-Südtirol, der Deutschsprachigen Gemeinschaft Belgiens und dem Fürstentum Liechtenstein. Luxemburg ist mit beratender Stimme vertreten. Er hat die Aufgabe, die Einheitlichkeit der Rechtschreibung im deutschen Sprachraum zu bewahren und die Rechtschreibung auf der Grundlage des orthografischen Regelwerks (Regeln und Wörterverzeichnis) im unerlässlichen Umfang weiterzuentwickeln. Dazu gehören insbesondere die ständige Beobachtung der Schreibentwicklung, die Klärung von Zweifelsfällen der Rechtschreibung und die Erarbeitung und wissenschaftliche Begründung von Vorschlägen zur Anpassung des Regelwerks an den allgemeinen Wandel der Sprache. Seine Vorschläge zur Anpassung des Regelwerks erhalten Bindungswirkung für Schule und öffentliche Verwaltung durch Beschluss der zuständigen staatlichen Stellen.